Neuwagenkauf - Ihre Rechte nach 01.01.2022



Seit dem 01.01.2022 gelten neue Rechte im Kaufrecht und somit auch bei Neuwagenkäufen. Nachfolgend erfahren Sie Ihre wesentlichen Rechte.


Eigenschaft des Neuwagens

Nach welcher Zeit ein Neuwagen noch vorliegt wurde in der Rechtsprechung unterschiedlich angesehen. 

Das Oberlandesgericht Hamm hat Urteil vom 16.08.2016 (Az.: 28 U 140/15) taggenau bestimmt.
Ein Fahrzeug ist demnach fabrikneu, wenn es aus neuen Materialien zusammengesetzt und unbenutzt ist, wenn und solange das Modell unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit bedingte Mängel aufweist und nach der Herstellung keine erheblichen Beschädigungen eingetreten sind und wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen. Mit dem Urteil steht es im Einklang mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom  15. Oktober 2003 (Az: VIII ZR 227/02). Der Kunde erwirbt demzufolge auch bei solchen "Tageszulassungen" ein fabrikneues Fahrzeug.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat demgegenüber die 12-Monatsfrist auch bei Überschreiten um zwei Tage als eingehalten angesehen. Nach Ansicht des Frankfurter Zivilsenats handele es sich bei dem vom BGH angegebenen Zeitraum nicht um eine taggenau einzuhaltende, starre Ausschlussfrist (OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 03.08.2022, Az.: 5 U 84/20).


PKW mit digitalen Elementen

Für den Kauf einer Ware mit digitalen Elementen (§ 327a Absatz 3 Satz 1 BGB), bei dem sich der Unternehmer verpflichtet, dass er oder ein Dritter die digitalen Elemente bereitstellt gelten ergänzend die Regelungen des § 475b BGB.
Ein PKW mit digitalen Elementen liegt nach § 327a Abs. 3 S. 2 BGB vor, wenn er in einer Weise digitale Produkte enthält oder mit ihnen verbunden ist, dass er seine Funktionen - den Betrieb -  ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen kann. Ein Radio oder Navigationsgerät ist kein digitales Element in diesem Sinn, da das Fahrzeug auch ohne dieses fahrtüchtig ist. Ein Fahrassistenzsystem, ohne welches das Fahrzeug nicht funktioniert, ist beispielsweise ein solches Element.
Es spielt keine Rolle, ob das digitale Element vom Verkäufer oder einem Dritten bereitgestellt wird (§ 475b Abs. 1 BGB) und dier erst einen gesonderten Lizenzvertrag abschließen muss (ErwGr 15 WKRL).
Das digitale Produkt ist frei von Produktmängeln, wenn es zur maßgeblichen Zeit nach den Vorschriften dieses Untertitels den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Anforderungen an die Integration entspricht (§ 327 e Abs. 1 S. 1 BGB).
Eine PKW mit digitalen Elementen ist nach § 475b StGB frei von Sachmängeln, wenn er bei Gefahrübergang und in Bezug auf eine Aktualisierungspflicht auch während des Zeitraums nach Absatz 3 Nummer 2 und Absatz 4 Nummer 2 den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen, den Montageanforderungen und den Installationsanforderungen entspricht.


Nacherfüllung durch Behebung des Mangels

Wenn Mängel am Neufahrzeug bestehen, kann der Käufer die Nacherfüllung fordern. 

 Die Verkäufer müssen dann versuchen, das Fahrzeug in der Regel in Rücksprache mit dem Hersteller in den vetraglich vereinbarten Zustand zu versetzen.


Nach § 475 Abs. 5 BGB hat der Unternehmer die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen.
Die Neuregelung birgt mehr Unklarheiten, da Art der Ware sowie der Zweck, für den der Verbraucher die Ware benötigt, zu berücksichtigen sind. Fraglich ist etwa, ob es auf die Dringlichkeit der Nutzung ankommt.


Rücknahmepflicht des Verkäufers
Gemäß § 439 Abs. 6 S. 2 BGB ist jetzt ausdrücklich eine Rücknahmepflicht des Verkäufers auf dessen Kosten geregelt.
Auch sind die Nutzungen nicht herauszugeben oder deren Wert zu ersetzen (§ 475 Abs. 3 BGB).
Gemäß  § 475d Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB kann der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten, wenn der Unternehmer die ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Verkäufer eine gewünschte Ersatzlieferung ablehnt oder die erforderlichenTransportkosten und sonstigen Kosten nicht übernhmen will. 

Gleiches gilt, wenn er nicht bereit ist, die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist oder ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer durchzuführen.


Der Käufer muss erst nach Ablauf eines Jahrs beweisen, dass der Mangel von Anfang an bestand.
Bei Neufahrzeugen gilt eine zweijährige Gewährleistungsfrist. Neu ist seit 2022, dass die Frist bei einer Reparatur zur Nachbesserung bis zu vier Monate verlängert werden kann.

Am Besten fordet man den Verkäufer nach seinen Erfahrungen schriftlich unter Bestimmung einer Nachfrist zur Behebung des Mangels auf.
Der Verkäufer kann statt der Behebung des Mangels auch eine Ersatzlieferung vornehmen. Aufgrund der langen derzeitigen Lieferzeiten ist eine Ersatzlieferung unter Umständen jedoch nicht mehr für den Käufer zumutbar.
Ist die Nachbesserung oder Ersatzlieferung  nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, kann der Verkäufer die Nachbesserung oder Ersatzlieferung verweigern.
Der Käufer kann dann den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag zurücktreten.


Ersatzlieferung


Ob eine Ersatzlieferung in Betracht kommt, ist nach dem  Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss zu beurteilen (§§ 133, 157 BGB; Senatsurteil vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05). Eine Ersatzlieferung ist auch bei einem Modellwechsel möglich (BGH, Urteil v. 08.12.2021, Az.: VIII ZR 190/19).
Generell kann demnach von einer im Einzelfall regelmäßig losgelösten Betrachtungsweise regelmäßig erst ab einem Anstieg des Listenpreises von einem Viertel zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und dem Nachlieferungsverlangen von einem erheblichen Mehrwert ausgegangen werden (BGH, Urteil v. 08.12.2021).
Auch der Europäische Gerichtshof betont, dass der Nacherfüllungsanspruch des Käufers durch den Verkäufer nicht ausgehöhl werden darf (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - C-65/09 und C-87/09).


Hat ein Käufer eines magelbehafteten Neuwagens die Nacherfüllung, nämlich die Beseitigung des Mangels (§ 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB) gefordert kann er später stattdessen auch die  Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) fordern. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil Urteil vom 24.10.2018 (Az.: VIII ZR 66/17) klargestellt.
Im Gegensatz zu den Rücktritts- und Minderungsrechten ist die Nacherfüllung gesetzlich nicht als einmalige Gestaltungserklärung entwickelt worden, von welcher kein Wechsel möglich ist. Nach Feststellung des Bundesgerichtshofs handelt es sich nämlich nicht um eine Wahlschuld.


Sollte der Kauf des Fahrzeugs länger zurückliegen als zwei Jahre, kann noch ein Kulanzantrag gestellt werden. Grundsätzlich sollte das Fahrzeug regelmäßig in einer Vertragswerkstatt gewartet worden sein. Rechtlich wird der Verkäufer, wie die Bezeichnung Kulanz bereits andeutet, jedoch nicht verpflichtet.
Möglich ist auch, dass der Hersteller insgesamt oder auf bestimmte Teile eine Garantie vergibt.


 

Schadensersatz nach Verkehrsunfall


Für Unfallgeschädigte stellt sich häufig die Frage, wann ein Schaden zu einem Ersatz­anspruch führt.


Ein Schaden ist nach Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.03.2015 – 4 ZR 265/14 – immer dann gem. § 7 Abs. 1 StVG „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit-)geprägt worden ist.

Eine Haftung nach § 7 Abs.1 StVG entfällt nach ständiger höchstrichterlicher Recht­spre­chung, wenn die Fortbewegungs-und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat.


In der Gesamtbetrachtung stand im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.03.2015 die Funk­tion zur Bestellung einer landwirtschaftlichen Fläche als Arbeitsmaschine im Vorder­grund. Der Schadensablauf ist nicht durch den Betrieb des Kraftfahrzeuges geprägt worden.

Anwaltskosten
Viele Versicherer versuchen gegenüber den Geschädigten,diesen davon abzuhalten einen Anwalt einzuschalten.
Wann ist das Beauftragen ein Anwalt erstattungsfähig ?

Grundsätzlich gibt es den "einfach gelagerten Fall", der nicht erstattungsfähig ist, praktisch nicht mehr. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am 1.12.2014 - 22 U 171/13 - hierzu festgestellt:
"Auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von vorn­herein als erforderlich anzusehen. Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stunden­ver­rech­nungs­sätzen u.Ä. lässt es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalt abzuwickeln."
Im Fall eines Personenschadens ist es vor allem wichtig, sich sofort in ärztliche Behandlung zu begeben und nicht noch einige Tage zu warten.



Personen­­schäden

Viele Betroffene denken bei einem Personenschaden zunächst oder ausschließlich an ein Schmerzensgeld. Im Einzelfall können bei einem Haushaltsführungsschaden weitere, höhere Ansprüche bestehen. Ein Haushaltsführungsschaden liegt immer dann vor, wenn eine durch einen Unfall verletzte Person nicht oder nur eingeschränkt für sich sorgen kann. Der Schaden kann konkret in Höhe der Vergütung der Haushaltshilfe erstattet werden. Der Haushaltsführungsschaden ist durch die gegnerische Haftpflichtversicherung neben dem Schmerzensgeld erstattungsfähig, wenn der Unfall – zumindest teilweise - unverschuldet war.


Muss eine ausgebildete Haushaltshilfe eingestellt werden ?

Dies ist nicht der Fall. Auch wenn Freunde oder Bekannte des Verletzten die Arbeiten über­nehmen ist der Schaden zu übernehmen. Dies gilt sogar für den Fall, wenn die freiwilligen Helfer auf eine Bezahlung verzichten. Dann liegt ein fiktiver Haushalts­füh­rungs­schaden vor, der dem Unfallopfer ebenfalls zu erstatten ist.


Demzufolge ist auch eine fiktive Be­rech­nung möglich, wenn niemand dafür eingestellt wird. Der "fiktive" Haushalts­füh­rungs­schaden kann unterschiedlich berechnet werden. Nach Recht­spre­chung des Bundes­ge­richtshofs kommt es auf die tatsächlich erbrachten Leistungen im Haushalt vor dem Unfall an (BGH, Urteil vom 06.10.1996 – VI ZR 247/95).


Wer hat Anspruch auf eine Zahlung?

Jeder ist anspruchsberechtigt, der einen Haushaltsführungsschaden nach einem Unfall erlitten hat und sich deshalb nicht oder nur eingeschränkt um seine Wohnung und Ernährung kümmern kann.


Auch beim Tod des Verletzten haben gegebenenfalls Hinterbliebene einen Ersatz­an­spruch, falls der oder die Tote einen Anteil an der gemeinsamen Haushaltsführung hatte. Begünstigt sind der Ehepartner sowie Kinder und Verwandte in gerader Linie.


Haben Alleinstehende auch einen Anspruch ?

Auch das Opfer eines Ein-Personen-Haushalts, ist ebenfalls anspruchsberechtigt.   

Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können allerdings keinen Anspruch auf Kostenerstattung im Falle eines Haushaltsführungsschadens geltend machen.


Welche Tätigkeiten werden bezahlt?

Beglichen werden ausschließlich Kosten, die durch die eingeschränkte Haushaltsführung entstehen beziehungsweise entstehen würden. Betroffene müssen genau darlegen, was sie aufgrund ihrer Verletzung nicht mehr selbst leisten können.